2008
Uraufführung 11. April 2008, Theater Regensburg
Quelle: Theater Regensburg
Inszenierung | Michael Bleiziffer |
Komposition, Arr., musik. Ltg | Martin Lutz |
Bühne | Konrad Kulke |
Kostüme | Susanne Ellinghaus |
Licht | Hubert Goertz |
Dramaturgie | Friederike Bernau |
Die Donau | Silke Heise |
Gauleiter Stolz | Michael Heuberger |
Frau Stolz | Martina Mann |
Frau Saltner, Bedienung | Nikola Norgauer |
Bürgermeister / Schreiber | Martin Hofer |
Oberassessor Nebenzahl | Hubert Schedlbauer |
Unterassessor Unruh | Jochen Paletschek |
Anton Fischer | Florian Münzer |
Anna, seine Schwester | Doris Dubiel |
Martha, seine Schwester | Silvia Rhode |
Leni, seine Nichte | Anna Dörnte |
Bischof von Regensburg | Peter Heeg |
Paul Laprade | Paul Kaiser |
und mit
Roman Blumenschein, Steffen Casimir Roczek, Michael Haake, Oliver Severin, Ensemble Theater Freiburg, Schülerinnen und Schülern der Klassen 5a, 6a und 6b der Clermont-Ferrand-Schule (HS) Regensburg
Aufführungsdauer: ca. 2½ Std.
Aufführungsrechte: Suhrkamp Verlag, Frankfurt
Tagein, tagaus hat der Fluß die Farbe von wäßrigem Kaffee mit zuviel Milch. Bei Hochwasser wechselt er ins Ockergelbe. Blau ist die Donau allein auf einem verblassten Wandgemälde, das die Kulisse für die Kapelle im Biergarten "Zur blauen Donau" bildet. Ludwig Bemelmans
Sie hält sich nicht auf, höchstens, um schnell etwas zu verschlingen, es kommt ihr nicht darauf an, was. Schafe, Ziegen, Uferbäume, ein Stück Altstadt und besonders gern kleine Kinder. So hat mans uns jedenfalls gesagt, und dass es nur eine Möglichkeit gäbe, wieder herauszukommen, wenn man hineingefallen und in die Strudel geraten ist: Ihr nachgeben, sich totstellen, dann verliert sie die Lust und speit einen wieder aus. Eva Demski
Fragen an Eva Demski,
wenige Tage vor der Uraufführung ihres Theaterstückes "Die Blaue Donau"
Die Donau fließt durch Dein Leben mit den ihr eigenen immer neuen Wendungen, mal stürmisch, mal gemächlich. Wie hast Du Ludwig Bemelmans und seine Donau kennen gelernt?
Der Donau habe ich mich schreibend immer wieder genähert und jede Gelegenheit benützt ihr zu zeigen, dass es mich gibt. Eine davon war eine lange Hörfunksendung unter dem Titel „Die Flüsse der Welt". Mir war (natürlich) der Donaupart übertragen worden. Jemand anderem hätte ich das auch abgejagt, ich kenne mich! In dem Zusammenhang lernte ich Florian Sendtner kennen, der mir den Bemelmans-Roman zeigte. Bemelmans war mir zwar ein Begriff gewesen, durch „Madeline" und „Hotel Splendid" – aber seine „Blaue Donau" hat mir erst der Entdecker und Übersetzer Sendtner nah gebracht. Ich war und bin ihm dankbar dafür.
Das Theater kennst Du von Kindesbeinen an und das Regensburger Theater ist die Heimat Deiner Liebe zum Theater. Du hast Dir diese Heimat in vielen Vorstellungen vertraut gemacht und das Gebäude selbstständig und neugierig allein erobert, wenn Dein Vater, der Bühnenbildner Rudolf Küfner dachte, er wüsste seine kleine Tochter während einer Probe in der Proszeniumsloge sicher untergebracht – ich stelle mir Dich bei Deinen Erkundungen im großen, geheimnisvollen Theater ähnlich vor wie Bemelmans Madeline.
Das Regensburger Theater war eine Art verrückter Mutterschoß für mich, mit tausend Tönen, Farben und Wörtern, von dem ich kaum was begriff. Trotzdem sind sie alle in mir gespeichert, bis zum heutigen Tag, gleichsam eine Art Fundus. Ich finde in ihm fast immer, was ich brauche oder suche. Ob ich Madeline glich? Das weiß ich nicht. Ich war gern allein und furchtbar neugierig, wahrscheinlich auch altklug, grässlich.
Dann hast Du begonnen, Deine Geschichten zu schreiben, für Hörfunk und Fernsehen zu arbeiten, Du bist eine unübertroffene Interpretin Deiner eigenen Texte und doch gab es mal einen unerschütterlichen Grundsatz, der da hieß: Theater ist wunderbar. Ich werde nie ein Stück schreiben! Wie konnte der umgestoßen werden?
Ich wollte niemals fürs Theater schreiben, weil das Theater und ich uns für lange Zeit nicht mehr mochten. Ich hatte den Glauben verloren, ich mochte keine „Interpretationen" mehr sehen. Übers Puppentheater und die Oper robbte ich mich dann langsam wieder ran. Aber das ganze ist eine lange, schwierige und für jeden Menschen außer mir langweilige Geschichte!
Was hat es nach unseren ersten Gesprächen über die Dramatisierung des Romans „ The Blue Danube" von Ludwig Bemelmans bedurft, um Deinen eigenen Ansatz für das Theaterstück „Die blaue Donau" zu finden?
Dass Regensburg von mir ein Stück wollte, war Grund genug, es zu versuchen. Der endgültige Entschluss war da, als mir die Donau als Person, als Figur erschien. Es war, als hätte sie darauf gewartet.
Wir haben Deine erste Arbeitsfassung des Stückes diskutiert und Michael Bleiziffer hat sich den „Chor der Regensburger" von Dir als Ergänzung gewünscht.
Michael Bleiziffers Idee mit dem Chor war gut und sehr richtig und gab dem ganzen eine Drehung ins formal Künstliche, die der Geschichte gut tut. Man muss, wenn man Bemelmans' Roman in Bildern und dreidimensionalen Menschen auffächert – also eben nicht Situationen und Charaktere allein – sehr aupassen, dass es nicht dunkles Bauerntheater wird. Der Chor sorgt für eine Überhöhung, die das Bedrohliche unterstreicht und gleichzeitig zeigt er durch die Masken, wie der Einzelne sich verliert. Das ist ja diese enorme Spannung zwischen herzzerreißendem Mitleid und Ekel. Sie entsteht, wenn man sich vorstellt: Was hätte man selber getan? Bemelmans legt sie sehr nah, diese alte Frage.
Dann hast Du uns Dein Stück am 31. Dezember 2007 übergeben – ein Moment großen Vertrauens – und hältst zum ersten Mal aus, dass ein fertiger Text von Dir durch unsere szenische Interpretation, durch die Kraft der Schauspieler, ihren Gestus, ihre Stimmen, durch die Musik von Martin Lutz sein Eigenleben auf der Bühne des Regensburger Theaters entwickelt. Wie geht es Dir in diesen Tagen vor der Uraufführung?
Ja, nun fließts, ich sitz am Ufer und schaue unruhig und gespannt zu. Die Musik begleitet und machts leichter! Ich muss halt versuchen, nicht ersäuft zu werden. Wie kommt man aus dem Strudel wieder raus, wenn man reingeraten ist? Richtig: Still halten, Vertrauen haben und Geduld, dann spuckt sie einen heil wieder aus, die Donau!
Wird die „Blaue Donau" die einzige Ausnahme vom Grundsatz, nicht fürs Theater zu schreiben bleiben oder gibt es vielleicht inzwischen dieses eherne Gesetz gar nicht mehr?
Ach. Gesetze. Im Rund des Kopfes ändert das Denken unablässig die Richtung. (frei nach Francis Picabia)
Fotos: Theater Regensburg